Die Ehe ist ein Vertrag, der für die jeweiligen Partner*innen eine Reihe von Rechten und Pflichten nach sich zieht. Beide verpflichten sich zu gegenseitigem Beistand, zur Treue und zum gemeinsamen Wohnen. Bei der Auflösung dieses Vertrags ist es wichtig, die eigenen Rechte, Pflichten und Handlungsoptionen zu kennen. Hier finden Sie einen ersten Überblick.
Scheidungsformen – Wie kann ich mich scheiden lassen?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Ehe zu beenden:
Einvernehmliche Scheidung § 55a EheG
Die einfachste und kostengünstigste Art, sich scheiden zu lassen, ist die einvernehmliche Scheidung. Hier einigen sich die Eheleute über sämtliche Scheidungsfolgen. Da es sich um ein sogenanntes Außerstreitverfahren handelt, ist die Fage “Wer hat Schuld?” kein Thema.
Wichtig: Bei einer einvernehmlichen Scheidung wird in einem sehr kurzen Verfahren über weitreichende Folgen entschieden. Eine gute Vorbereitung und Abklärung sind daher dringend anzuraten!
Voraussetzungen einer einvernehmlichen Scheidung:
- Beide EhepartnerInnen wollen die Scheidung
- Der Antrag auf einvernehmliche Scheidung wird von beiden unterschrieben beim Bezirksgericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes eingebracht.
- Die eheliche Gemeinschaft ist seit mindestens 6 Monaten aufgehoben (auch bei noch gemeinsamem Wohnsitz möglich).
- Die Ehe ist unheilbar zerrüttet, es ist keine Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft zu erwarten.
- Einvernehmliche Vereinbarung über die Scheidungsfolgen (Scheidungsvergleich)
- Wenn es minderjährige Kinder gibt, ist die Bestätigung über eine Elternberatung verpflichtend. Diese Elternberatung können Sie auch bei Frauen* beraten Frauen* in Anspruch nehmen. Diese Beratung ist kostenpflichtig.
Folgende Punkte sind im Rahmen des Scheidungsvergleichs zu regeln:
- Vermögen: Aufteilung der Ersparnisse und des Gebrauchsvermögens sowie der gemeinsamen Schulden; Verbleib in der Ehewohnung
- Ehegatt*innenunterhalt (Vorsicht bei Unterhaltsverzicht: Ein solcher kann sozialrechtliche Folgen haben!)
- Obsorge minderjähriger Kinder: gemeinsame oder alleinige Obsorge eines Elternteils. Bei gemeinsamer Obsorge: hauptsächlichen Betreuungsort der Kinder festlegen
- Kontaktrecht der Kinder
- Kindesunterhalt (Alimente)
Die Ehe wird basierend auf dem geschlossenen Scheidungsvergleich geschieden. Auf Rechtsmittel können Sie verzichten, das sollten Sie aber nur machen, wenn Sie sich absolut sicher sind, dass Sie mit dem Ergebnis einverstanden sind. Nach Rechtskraft ist keine Änderung mehr möglich.
Strittige Scheidung § 49 EheG (Scheidung aus Verschulden)
Ist eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich oder gewollt, können Sie mittels einer Scheidungsklage ein strittiges Scheidungsverfahren einleiten. Die Scheidungsklage ist bei dem örtlich zuständigen Bezirksgericht (in der Regel der letzte gemeinsame Wohnsitz) einzubringen.
In der Scheidungsklage müssen die Eheverfehlungen (das Verschulden) der anderen Person behauptet und bewiesen werden. Am Ende des Verfahrens ergeht ein Urteil, in dem die Ehe geschieden wird und das Verschulden (alleiniges, überwiegendes oder gleichteiliges) festgestellt wird. Das Verschulden hat vor allem unterhaltsrechtliche Folgen, ist aber auch maßgebend dafür, wer die Kosten des Scheidungsverfahrens zu tragen hat.
Scheidungsgründe (beispielsweise)
- Ehebruch
- Körperliche Gewalt und Bedrohung
- Zufügung schweren seelischen Leids (Abwertungen, Demütigung, Kontrollverhalten) – psychische Gewalt
- Verletzung der Treuepflicht (ehewidrige Beziehung, Ehebruch)
- Verletzung der anständigen Begegnung (Beschimpfungen, beharrliches Schweigen, keine gemeinsamen Aktivitäten)
- Vernachlässigung der Beistandspflicht (z.B. im Krankheitsfall)
- Vernachlässigung des Haushalts (es gilt das Halbe-Halbe-Prinzip!)
- Verletzung der Unterhaltspflicht (z.B. zu wenig Geld für den Haushalt)
- Grundlose Verweigerung des Geschlechtsverkehrs
- Eigenmächtige Aufhebung der Ehegemeinschaft (z.B. „grundloses“ Verlassen der ehelichen Wohnung gegen den Willen der Ehepartnerin oder des Ehepartners)
- Eigenmächtige Vorwegnahme der Aufteilung; Wegbringen und Veräußern von Hausrat
- Ehrloses oder unsittliches Verhalten (z.B. Kriminalität)
- Alkoholismus, andere Suchterkrankungen (Drogenmissbrauch, Spielsucht), sofern vorwerfbar
- u.v.m.
Ein Scheidungsgrund kann in folgenden Fällen nicht mehr angeführt werden bzw. kann eine Klage abgewiesen werden bei:
Verzeihung: Wer das entsprechende Verhalten verziehen oder als nicht Ehe zerstörend empfunden hat, kann sich grundsätzlich nicht mehr auf diesen Grund berufen. Der beklagte Ehepartner oder die beklagte Ehepartnerin muss vor Gericht nachweisen, dass ihm oder ihr verziehen wurde.
Fristablauf: Das Recht auf Scheidung wegen Verschuldens erlischt, wenn der Ehegatte oder die Ehegattin nicht binnen 6 Monaten die Klage erhebt (§ 57 EheG). Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Scheidungsgrundes. Sie läuft nicht ab, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatt*innen aufgehoben ist oder so lange das schuldhafte Verhalten fortgesetzt wird, z.B. eine Affäre weitergeführt wird. Die Scheidung ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Eintritt des Scheidungsgrundes 10 Jahre verstrichen sind.
Wichtig: Auch eine strittige Scheidung kann jederzeit einvernehmlich beendet werden bzw. wird in gerichtlichen Verfahren auf eine einvernehmliche Lösung hingearbeitet. Verschaffen Sie sich daher von Anfang an einen Überblick über die Gesamtsituation. Wie viel Vermögen gibt es in der Ehe? Wie hoch sind die jeweiligen Einkommen? Welche pensionsrechtlichen Ansprüche bestehen? Fragen Sie sich: Welche Regelungen möchte ich treffen, welche sind finanziell lebbar? So kann sich z.B. ein Unterhaltsverzicht nicht nur akut auf die finanzielle Situation auswirken, sondern auch sozialrechtliche Nachteile mit sich bringen (Mindestsicherung und Pension!). Das Gleiche gilt für Kinder: Überlegen Sie sich von Anfang an, welche Lösung gut und praktikabel ist – für die Kinder, für Sie und auch den Kindsvater.
Im Falle einer einvernehmlichen Lösung im Rahmen einer strittigen Scheidung beachten Sie außerdem: Wenn Sie die Klägerin sind, sollten Sie die Klage nicht zurückziehen, da Sie sonst aus diesem Grund nicht mehr klagen können. Besser ist es, die Klage ruhend stellen zu lassen.
Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (Zerrüttungsscheidung) § 55 EheG
Ist eine eheliche Gemeinschaft seit mindestens 3 Jahren aufgelöst und ist die Ehe tiefgreifend unheilbar zerrüttet, kann mittels Klage eine Scheidung eingereicht werden. Der Scheidungsgrund der Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ist die mehrjährige Trennung, nicht ein Verschulden wie bei der strittigen Scheidung.
Ein Verschulden kann dennoch von Bedeutung sein: Trifft den Kläger das alleinige oder überwiegende Verschulden am Scheitern der Ehe, kann die Beklagte einen Antrag stellen, dass das Verschulden im Urteil ausgesprochen wird. Wird das Verschulden ausgesprochen, erhält die Beklagte einen Unterhaltsanspruch wie in aufrechter Ehe sowie eine pensionsrechtliche Begünstigung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- die Ehe hat mindestens 15 Jahre gedauert und
- die Ehegattin hat zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils das 40. Lebensjahr vollendet oder ist erwerbsunfähig oder hat zum Todeszeitpunkt des Unterhaltspflichtigen aus der geschiedenen Ehe ein noch nicht selbsterhaltungsfähiges Kind.
Sofern diese Bedingungen auf Sie zutreffen, steht Ihnen ein Unterhalt wie in aufrechter Ehe zu und Sie haben im Todesfall des Ex-Mannes Anspruch auf die volle Witwenpension, sofern Unterhalt vereinbart und gezahlt wurde.
Wichtig: Um zu diesen Begünstigungen zu kommen,
- müssen Sie einen Verschuldensantrag stellen, es sei denn der klagende Ehegatte nimmt die Schuld bereits in der Klage auf sich.
- muss dem Ehemann das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe zugesprochen und dies im Urteil ausgesprochen (Schuldausspruch) werden und
- muss im Scheidungsurteil ein Unterhaltstitel nach § 55 Ehegesetz festgelegt sein.
- Sie selbst dürfen in diesem Zeitraum keinen Scheidungsgrund (z.B. außereheliche Beziehung) setzen.
Zieht daher z.B. Ihr Mann aus der gemeinsamen Wohnung aus, kann es unter bestimmten Voraussetzungen günstiger sein, Sie lassen drei Jahre verstreichen und warten darauf, dass er die Scheidung einreicht.
Scheidung aus anderen Gründen
§ 50 EheG Ehezerrüttendes Verhalten ohne Verschulden
Eine verheiratete Person kann die Scheidung begehren, wenn die Ehe infolge eines Verhaltens der Ehegattin bzw. des Ehegatten, das nicht als Eheverfehlung betrachtet werden kann, weil es auf einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung beruht, so tief zerrüttet ist, dass die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.
§ 52 EheG Ansteckende oder Ekel erregende Krankheit
Leidet ein Ehegatte oder eine Ehegattin unter einer schweren ansteckenden oder ekelerregenden, in absehbarer Zeit nicht heilbaren Krankheit, so ermöglicht § 52 EheG die Scheidung.
§ 54 EheG Vermeidung von Härten
In den Fällen der §§ 50 und 52 darf die Ehe nicht geschieden werden, wenn das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt ist. Dies ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Auflösung der Ehe den anderen Ehegatten außergewöhnlich hart treffen würde. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen, namentlich auch nach der Dauer der Ehe, dem Lebensalter der Ehegatten bzw. der Ehegattin und dem Anlass der Erkrankung.
Gerichtszuständigkeit, Verfahrensverlauf und Kosten
Zuständigkeit
Für Scheidungen sind ausschließlich die Bezirksgerichte sachlich zuständig, örtlich zuständig ist in der Regel das Bezirksgericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes.
Verfahrensablauf
Einvernehmliche Scheidung
Die einvernehmliche Scheidung wird mit einem Antrag, den beide Ehegatt*innen unterschreiben müssen, bei Gericht eingebracht (die Formulare erhalten Sie ebenfalls beim zuständigen Bezirksgericht). Sobald der Antrag eingebracht ist, erhalten Sie einen Termin für die einvernehmliche Scheidung.
In der Regel ergeht an diesem Termin ein Scheidungsbeschluss unter Zugrundelegung der getroffenen Scheidungsvereinbarung, gegen den Rechtsmittel möglich sind.
Strittige Scheidung
Die Klage auf Scheidung kann an den Amtstagen beim örtlich zuständigen Bezirksgericht schriftlich eingebracht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Der klagende Ehegatte oder die klagende Ehegattin kann sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen, kann sich aber auch selbst vor Gericht vertreten.
Sobald die Klage eingebracht wird, erhält die gegnerische Partei diese Klage mit der Aufforderung zur Klagebeantwortung zugestellt. Es wird ein erster Termin für eine Tagsatzung bei Gericht festgelegt, der in der Regel der Verlesung der Klagepunkte und Klagebeantwortung sowie der Aufnahme der Beweise dient. Wie bereits erwähnt, kann jedes strittige Verfahren jederzeit einvernehmlich beendet werden bzw. jede Ehe jederzeit einvernehmlich geschieden werden.
Je nachdem, wie viele Beweise erbracht werden, können mehrere Tagsatzungen notwendig sein, bis ein Urteil ergeht. Im Urteil wird ausgesprochen, dass die Ehe geschieden wird und wen wie viel Verschulden am Scheitern der Ehe trifft. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden. Im Berufungsverfahren besteht Anwaltspflicht.
Im Scheidungsurteil wird über vermögensrechtliche und kindschaftsrechtliche sowie tatsächliche unterhaltsrechtliche Ansprüche nicht abgesprochen. Alle diese Bereiche müssen, wenn sich die (ehemaligen) Eheleute nicht einigen können, mittels eigener Verfahren geklärt werden. Achtung bezüglich Fristen: Sie müssen, wenn es um die Vermögensaufteilung geht, binnen eines Jahres ab Rechtskraft der Scheidung die Teilungsklage einbringen.
Kosten der Scheidung
Auch bei den Kosten ist zu unterscheiden, um welche Scheidungsform es sich handelt. Außerdem ist zu unterscheiden, ob es sich um Gerichtsgebühren oder andere Kosten handelt, wie z.B. Anwaltskosten.
Einvernehmliche Scheidung
Die einvernehmliche Scheidung ist die günstigste Scheidungsform. Bei Einreichen des Antragsformulars sind € 312,– als Gebühr für die Gerichtskosten zu bezahlen. Zum eigentlichen Scheidungstermin, bei dem der Scheidungsvergleich gemacht wird, müssen nochmals entweder € 312,– oder € 468,– (wenn eine Wohnung oder ein Haus die/den Eigentümer*in wechselt) gezahlt werden.
Eine Gebührenbefreiung ist möglich, wenn das Vermögen bzw. die jährlichen Einkünfte der Partei bestimmte Beträge nicht übersteigen. Der Nachweis, ob die Voraussetzungen für die gesetzliche Gebührenbefreiung vorliegen, wird in vielen Fällen bei der Verhandlung über die einvernehmliche Scheidung erbracht werden können. Liegen die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nur bei einer Person vor, so hat die andere Person den vollen Gebührenbetrag zu entrichten.
Eine anwaltliche Vertretung kann in der Vorbereitung vor allem dann, wenn es um die Ausverhandlung und Formulierung von vermögensrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Vereinbarungen geht, durchaus ratsam sein. Die Kosten der anwaltlichen Vertretung trägt jede/r selbst, es sei denn es ist anders vereinbart.
Strittige Scheidung
Für die reine Scheidungsklage ist eine gerichtliche Pauschalgebühr von derzeit € 312,– zu entrichten. Die Gerichtsgebühren sind in Form eines Pauschalbetrages am Beginn des Rechtsstreites zu entrichten.
Eine strittige Scheidung kann durch die Anwaltskosten sehr teuer werden. Zwar besteht in erster Instanz kein Anwaltszwang, doch sobald eine Person anwaltlich vertreten wird, empfiehlt sich das auch für die andere. Die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten richtet sich nach dem Streitwert, der als Bemessungsgrundlage dient. Je höher dieser ist, desto höher sind die Kosten. Die Anwaltskosten berechnen sich grundsätzlich nach den einzelnen Leistungen. Dabei gilt das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG). Wir raten Ihnen dringend, sich vorher nach den genauen Kosten zu erkundigen!
Jede Partei hat zunächst einmal während des Verfahrens ihre Kosten selbst zu bestreiten. Wer die Kosten endgültig tragen muss, richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens. Gibt es einen allein Schuldigen oder eine allein Schuldige, muss dieser oder diese die gesamten Kosten übernehmen. Bei gleichteiliger Schuld werden die Kosten verhältnismäßig geteilt. Das heißt, die eigenen aufgewendeten Kosten sind selbst zu tragen. Die meisten Verfahren enden mit gleichteiligem Verschulden.
Es gibt auch Entscheidungen, wonach der Ehegatte im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung seiner nicht erwerbstätigen, im Haushalt tätigen Ehegattin deren Anwaltskosten zu begleichen hat, sofern das nicht unbillig ist!
Antrag auf Verfahrenshilfe
Bei geringem Einkommen ist es möglich, Verfahrenshilfe zu beantragen (für die Gerichtskosten, eventuell für die vom Gericht bestellte Anwältin, eventuell für Gutachten- oder Dolmetschkosten). Die Formulare liegen in jedem Bezirksgericht auf, die Entscheidung darüber, ob Verfahrenshilfe gewährt wird, trifft die zuständige Richterin oder der zuständige Richter.
Fremdenrechtliche Konsequenzen einer Scheidung
Wenn Sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, ist eine umfassende Beratung bei einer auf Fremdenrecht spezialisierten Beratungsstelle anzuraten, um sich über die Folgen für den Aufenthaltsstatus im Zusammenhang mit der Scheidung zu informieren.