„Ganze Männer machen Halbe / Halbe“ – mit dieser Kampagne erregte Frauenministerin Helga Konrad 1995 Aufsehen. Vom Beifall über die längst fällige Neuverteilung der Hausarbeit bis zu Aufschreien der Empörung, der Staat dürfe sich nicht ins „Private“ einmischen, die Polizei könne nicht den Abwasch kontrollieren. Hinter dem Zorn wurde die Angst vieler Männer sichtbar, wenn sie sich herabließen abzuwaschen, als „Schürzenträger“ zu gelten und damit Macht zu verlieren.
Männer, die ihre Partnerin als emotionale Versorgerin und das von ihr allein gepflegte Zuhause als Erholungsgebiet betrachten, fühlten sich in Ihrer Männlichkeit bedroht. Die Arbeit im trauten Heim sollte unsichtbar bleiben und von der Gattin aus Liebe getan werden.
Die Autorin zeichnet die Erfolge der politischen und medialen Kampagne ebenso wie die Behinderungen und Entschärfungen des ursprünglich geplanten Gesetzesentwurfs durch parteipolitische Machtkämpfe und konservative Berichterstattung anschaulich und kompakt nach. Zwei unbestrittene Erfolge der Kampagne werden deutlich:
1. Österreich redete über die Verteilung und Anerkennung der (hauptsächlich von Frauen unbezahlt geleisteten) Versorgungsarbeit, nach wie vor wirksame patriarchale Denkmuster wurden zur Sprache gebracht und bis heute ist das Motto „Halbe / Halbe“ im kollektiven Bewusstsein verankert.
2. Die Reform des Ehegesetzes: $ 91 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch): enthält den Auftrag an die Ehepartner, ihre Lebensgemeinschaft einvernehmlich zu gestalten, hinzugefügt wurde die Zielvorgabe „der vollen Ausgewogenheit der Beiträge“. Ehefrauen können sich im Sinne der gerechten Neuverteilung der Arbeitsbelastung auf dieses Gesetz berufen und die Nichtbeteiligung am Haushalt und Versorgungstätigkeiten wie Pflege und Erziehung kann im Scheidungsfall als Verschulden zum Tragen kommen. Die gesetzliche Grundlage für die partnerschaftliche Teilung der Versorgungsarbeit ist geschaffen, nun liegt es an der praktischen Anwendung dieses Gesetzes.
Laut AK-Frauenbericht 2005 beträgt die Arbeitsbelastung von berufstätigen Frauen mit Kindern und (Ehe)Partner 71,8 Stunden pro Woche. Bei allein erziehenden berufstätigen Müttern liegt die Gesamtbelastung mit 68,5 Stunden pro Woche unter jenen von Müttern in Partnerschaften. Offensichtlich verursachen männliche Partner mehr an Hausarbeit als sie diesen abnehmen. Für eine gerechte Umverteilung von Macht, Geld und Arbeit gilt es weiterhin die Strategien von Konfliktbereitschaft und Bündnisfähigkeit miteinander zu verknüpfen und diese in Frauennetzwerken konsequent zu praktizieren.
Das Buch ist gut recherchiert und bietet einen detailreichen Einblick in den Umgang der österreichischen Parteien mit frauenpolitischen Anliegen. Die Analyse der Kampagne „Halbe/halbe“ zeigt den mühseligen, von Kompromissen gekennzeichneten Weg von der politischen Forderung bis zur konkreten Gesetzesänderung und den Umgang der österreichischen Printmedien mit dem kontroversen Thema. Ein Vorwort von Sieglinde Rosenberger und ein Nachwort von Helene Klaar runden die Recherche ab.
BETTINA ZEHETNER