„Drag Kinging ist für mich eine Möglichkeit, zu gucken, wie weit ich mit meiner Männlichkeit gehen will, vor allem körperlich. (…) ich mach mich gern über Männer lustig, ich will nicht wirklich ein Mann sein (…) ich mag die Männlichkeit meines eigenen Körpers sehr.“ (Niko im Interview 11, S. 259)
Uta Schirmer bietet mit ihrem fundierten Werk intime Einblicke in die (vor allem) Berliner und Kölner Drag King – Szene, ihre kollektive Praxen, Bezüge und Verortungen, ohne deren ProtagonistInnen voyeuristisch auszustellen.
Ihre Studie zeichnet ein sorgfältiges Forschungsdesign aus, besonders spannend für mich sind die Reflexionen der Autorin als selbst mit ihrer Körperlichkeit im Forschungsprozess involvierte Person. Zwischen Spiel und Identität betreiben die befragten Drag Kings die Entselbstverständlichung der Zweigeschlechtlichkeit.
Thema der Interviews und teilnehmenden Beobachtungen sind Performance-Praxen – im Arbeitsalltag ebenso wie abends auf der Bühne – von Personen, die bewusst nicht eindeutig als Mann oder Frau auftreten wollen, die die eindeutige Zuordenbarkeit verweigern und den Blick auf die vielfältigen Möglichkeiten, Geschlecht zu leben, öffnen wollen. Die provokative Kraft der bewusst eingesetzten Uneindeutigkeit wird sichtbar.
In diesem Buch wird das Potenzial kollektiv entwickelter subkultureller Praxen, Geschlecht anders zu gestalten und als eine andere Wirklichkeit erfahrbar zu machen, lebendig. Eine tolle Verbindung zwischen soziologischer und Queer-Theorie und Praxis. Sehr lesenswert!
BETTINA ZEHETNER