„Finanzielle Gewalt kommt unsichtbar, oft in Nadelstreifen daher. Weithin gilt sie als Normalität.“ Die Tatsache, dass viele Frauen in Beziehungen verarmen, wird gesellschaftlich tabuisiert, denn wie ein Paar seine finanziellen Angelegenheiten regelt, ist angeblich Privatsache. Anhand ihrer eigenen Biografie und Beispielen anderer Frauen sensibilisiert die Autorin für das öffentlich noch kaum sichtbare Thema der finanziellen Gewalt und will Frauen Mut machen, ihre Situation besser zu verstehen und zu verändern.
Finanzielle Abhängigkeit ist demütigend und schwächt das Selbstbewusstsein der Frau deutlich, Männer nützen dies nicht selten zu ihrem Vorteil aus. Geld und die Verfügbarkeit darüber wird als Machtmittel eingesetzt. Weibliche emotionale Fürsorge und Verantwortung für andere lässt Frauen häufig zuwenig für sich selbst beanspruchen. Neben der Lohnschere schafft die in Beziehungen massenhaft geleistete unbezahlte Reproduktionsarbeit grobe Einkommensnachteile für Frauen. Das für statistische Erhebungen verwendete „Haushaltseinkommen“ verschleiert die reale Situation von Frauen, die zumeist sehr viel weniger für sich zur Verfügung haben als der aus dieser Summe erhobene Pro-Kopf-Anteil einer Familie. Spätestens im Fall einer Trennung wird klar, dass die Ehe keineswegs die Versorgungsinstitution darstellt, als die sie propagiert wird.
Viele Männer initiieren Einkäufe, Kredite und Eheverträge auf Kosten der Frau. Banken lassen oft zu, dass Frauen ohne Einkommen – manchmal unter Druck und ohne ausreichende Sprachkenntnisse und Wissen um die Konsequenzen – für den Kredit ihres Mannes bürgen und somit zur Rückzahlung verpflichtet werden, sobald der Kreditnehmer nicht mehr zahlen kann oder will.
Scheidung stellt – entgegen des in den Medien propagierten Klischees des armen, von seiner habgierigen Frau ausgenommenen Mannes – für Frauen eine viel stärkere finanzielle Bedrohung dar als für Männer. Studien zum Thema finden sich in der abschließenden Literaturliste.
Die Autorin bereitet interessantes Material gut lesbar auf und beleuchtet die unterschiedlichsten Facetten des Themas finanzielle Gewalt in Beziehungen. Die Fülle der Fallgeschichten verleiht dem Buch Selbsthilfecharakter.
BETTINA ZEHETNER