Die Übergangszeit hin zur Pension bietet die ideale Möglichkeit, selbstbestimmt das eigene Leben zu gestalten. Meist gibt es in dieser Zeit keine betreuungsbedürftigen Kinder im Haushalt, die “Rush hour” des Lebens ist abgeschlossen und die Pensionierung schafft Zeit und Raum für eigene Bedürfnisse und Wünsche. Die gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen an Frauen* führen dazu, dass viele Frauen* ihr Leben lang auf andere ausgerichtet waren und ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurückgestellt haben. Mit dem nötigen Wissen kann es aber auch gelingen, tradierte Rollenerwartungen nicht zu erfüllen und so zu mehr Selbstbestimmung zu kommen.
Ökonomische Aspekte
Frauen* verfügen in Österreich im Schnitt über 41% weniger Pension als Männer. Die Gründe dafür liegen am Gender Pay-Gap, langer Teilzeitarbeit und der geleisteten unbezahlten Care-Arbeit. Frauen arbeiten daher oft mehr als Männer*, haben aber weniger finanzielle Ressourcen in der Pension. Es ist wichtig, sich vor dem Pensionsantritt mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen, um strategisch gute Entscheidungen zu treffen.
- Pensionslücke: Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Pensionsansprüche. Unter neuespensionskonto.at können Sie gezielt berechnen, wie hoch ihre Pension ausfallen wird und wie sich diese Ansprüche verändern, wenn Sie länger erwerbstätig bleiben oder Ihre Stunden in den letzten Jahren erhöhen.
Berechnen Sie ihre monatlichen Fixkosten und überprüfen Sie, wie groß ihre Einkommenslücke ist. - Anlage und Vorsorge: Es ist nie zu spät, sich mit der Pensionslücke auseinanderzusetzen und zu investieren. Auch mit geringen finanziellen Mitteln lässt sich die Pensionslücke häufig noch verringern. Manche Anlageformen sind ab einem Alter von 50 Jahren steuerlich begünstigt, es gibt die Möglichkeiten Ausbildungs- oder Studienzeiten nachzukaufen. Holen Sie sich dabei Unterstützung, eine Möglichkeit ist z.B. der Verein Damensache: www.damensache.at
- Zuverdienst: Falls die Pensionslücke nicht zu schließen ist, gibt es auch die Möglichkeit in der Pension dazu zu verdienen. Vielleicht wollen Sie Teile ihrer bisherigen Tätigkeit weiterführen, geringfügig beschäftigt sein oder ein Hobby zum Beruf machen?
- Geld in der Partnerschaft: Es ist nötig, vor der Pensionierung über die finanzielle Aufteilung zu sprechen. Frauen* ermöglichen es ihren (Ehe-) Partnerinnen häufig durch die Übernahme von unbezahlter Care-Arbeit Vollzeit erwerbstätig zu sein und so über mehr Einkommen im Alter zu verfügen. Fair ist es, wenn beiden genug Geld für die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Ausgleichszulage: Sollte sich herausstellen, dass Sie wenig Pension zu erwarten haben gibt es die Möglichkeit für eine Ausgleichszahlung. Infos darüber finden Sie unter www.finanz.at Möglichkeiten mit geringer Pension: Es gibt zahlreiche Angebote für Frauen in der Pension. Reisen mit wenig Geld z.B.: Granny-Au-pairs, Freiwilligenarbeit..), alternative Wohnkonzepte, Ehrenämter, Kulturangebote.
Beziehung und Partnerschaft
Auch für die Partnerschaft bedeutet der Übergang in die Pension eine Veränderung, die Sie aktiv beeinflussen können. Jetzt ist es an der Zeit zu überlegen, wie Sie gemeinsam gerne leben möchten, welche Aspekte Sie in der Partnerschaft vielleicht schon lange vermissen und was sich verändern soll. Frauen* sind häufig geübt darin, die Bedürfnisse der anderen wahrzunehmen und zu erfüllen. Hier braucht es oft ein aktives Umdenken, die Bereitschaft, sich und die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und auszusprechen.
Welche Ziele hat jede*r von uns?
Wie viel Nähe/Distanz/Freiräume brauche ich, damit es mir gut geht?
Aushandlungen von finanziellen Ressourcen
Unbezahlte Care-Arbeit: Studien belegen, dass die Aufteilung der unbezahlten Care-Arbeit auch nach Pensionsantritt, zu Ungunsten von Frauen* verteilt ist. Gesellschaftliche Rollenerwartungen, aber auch jahrelang eingeübte Verhaltensmuster führen dazu, dass Frauen* weiterhin den Löwinnenanteil der Hausarbeit leisten. Dies muss nicht so sein. Es ist nicht genetisch bedingt, dass Frauen* dies besser können, sondern erlernt. Machen Sie die Tätigkeiten und die Denkarbeit (Mental Load) in ihrem Haushalt sichtbar und sprechen Sie über eine bessere Verteilung in ihrer Partnerschaft. Hilfreich können dabei Mental Load Listen sein: https://frauenberatenfrauen.at/projekt/mental-load/
Viele Frauen* schlittern von der Fürsorgearbeit für die eigenen Kinder fast direkt in die Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen oder Enkelkindern. Auch wenn es gesellschaftlich von Frauen* erwartet wird, sind Sie dazu nicht verpflichtet. Es gibt zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten, und Sie dürfen auch Nein sagen, und ihre eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen.
Sprechen Sie in jedem Fall über eine faire Aufteilung der folgenden Bereiche:
- Haushaltstätigkeiten
- Enkelkinder betreuen
- Emotionale Arbeit (dafür zu sorgen, dass es allen in der Umgebung gut geht).
Manchmal führen diese Auseinandersetzungen auch zu einer Trennung. Lassen Sie sich vor einer Trennung unbedingt beraten, z.B.: in einer Frauen- und Mädchenberatungsstelle, um für Sie sinnvolle Entscheidungen zu treffen.
Soziale Kontakte: Soziale Kontakte sind wichtig, um psychisch gesund zu bleiben. Sie können Freundschaften reaktivieren oder pflegen, mit Kolleg*innen in Kontakt bleiben, sich ehrenamtlich in Vereinen oder politischen Organisationen engagieren, Hobbys mit anderen ausüben. Sie dürfen allein darüber bestimmen, wen Sie treffen und welchen Interessen Sie nachgehen möchten.
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