Rezensionen
Grisard, Dominique/ Jäger, Ulle/ König, Tomke (Hg.innen):
Verschieden sein.
Nachdenken über Geschlecht und Differenz.
Sulzbach/Taunus: Ulrike Helmer Verlag 2013
http://helmer.txt9.de/
Ohne Angst verschieden sein
„Geschlecht als Existenzweise“ – mit diesem Werk inspirierte Andrea Maihofer 1995
feministische Theorie und Praxis. Weggefährtinnen haben nun zum 60. Geburtstag der Philosophin
einen Sammelband herausgegeben, der deutlich macht, für wie viele Gebiete – inter- und
transdisziplinär, aber auch für die sehr konkrete Lebenswelt jeder Einzelnen - Andrea Maihofers
Theorie Anregungen bietet. Eingerahmt werden die Beiträge durch 2 Texte von Maihofer selbst:
„Geschlechterdifferenz“ – eine obsolete Kategorie“ aus dem Jahr 2001 und der ganz
aktuelle Text „Philosophie als anti-metaphysische Haltung zur Welt„.
Das Konzept des Geschlechts als Existenzweise knüpft an Butlers und Foucaults Gedanken der
Verhältnisse von Sprache, Körper und Macht an und wendet diese auf unsere konkrete Lebenswelt
an. Normen und Diskurse über Weiblichkeit und Männlichkeit formen sehr konkret unsere Körper,
unser Selbstverständnis und unseren Umgang miteinander. Ideologien treten in materialisierter
Form auf, Vorstellungen nehmen eine materielle Existenz an und werden als Praxen gelebt.
Körper werden als weiblich oder männlich wahrgenommen, gespürt, praktiziert und gelebt - nicht
aufgrund eines weiblichen/männlichen „Wesens“, sondern aufgrund eines historisch
bestimmten gesellschaftlich-kulturell produzierten Selbstverhältnisses. Deutlich wird auch:
Gleichberechtigung entsteht erst dann, wenn Personen auch in ihrem Anderssein als Gleiche und
gleichberechtigt anerkannt und behandelt werden.
Maihofers unermüdlich selbstkritischer Blick fordert die AutorInnen dazu heraus, auch die
eigenen „Wahrheiten“ immer wieder zu hinterfragen. Dieser Band ermutigt zur
konsequenten Infragestellung der hierarchisierenden Zwei-Geschlechter-Ordnung und plädiert
für eigensinnige geschlechtliche Existenzweisen.
Bettina Zehetner